Dieser Artikel ist ein (wild heruntergeschriebener) Kommentar zu diesem Artikel aus dem Eulenmagazin: “Pfingsten ist nicht der Geburtstag der Kirche”
Pfingsten ist der Geburtstag der Kirche. Basta.
Die Apostelgeschichte erzählt von Pfingsten im gleichen Sinne, in dem die Schöpfungsgeschichte von der Erschaffung der Welt, in dem das Buch Exodus von der Grunderfahrung der Israeliten, der Befreiung aus dem Joch Ägyptens, in dem die Evangelien von Jesus als dem Sohn Gottes erzählen: Als narrative Verdichtung von Glaubenseinsichten, die ohne Narrativ unbegreiflich wären.
Ja, zugegeben:
Der Bericht der Apostelgeschichte blickt mit einem Abstand von über 100 Jahren auf die ihm nur legendarisch und fragementarisch überlieferten Ereignisse rund um die übriggebliebenen Talmidim des gekreuzigten Rabbi Jeschua zurück – und er tut dies aus einer historisch veränderten Perspektive heraus.
Bis zur Auferstehung ging es den Talmidim des Jesus um die Erwartung des Reiches Gottes. Erst nach den erschütternden Ereignissen in der Karwoche und nach Ostern geriet die Rolle Jesu als Heilsrätsel und als Retter ins Blickfeld. – Der Hebräerbrief und die Paulusbriefe aber zeigen, wie schnell und gründlich dies verarbeitet wurde.
Und ja: Die spirituellen Phänomene rund um die Geistesausgießung scheinen sich zuerst außerhalb des Kreises der Talmidim, in den gesetzesfreien Gemeinden des Paulus manifestiert zu haben.
Vielleicht auch nicht. Die Quellenlage ist dürftig. Und abgesehen davon werden vermutete geistige Strömungen unter den Talmidim Jesu nicht dadurch wahrscheinlicher, dass sie unserem Demokratieverständnis entgegenkommen.
Ich sehe darum nur die Alternative, historisch-kritisch im Trüben zu fischen oder den Geburtstag der Kirche zu feiern – genauso, wie der Evangelist und Apostelgeschichte-Schreiber „Lukas“ es tut, indem er in seinem Narrativ einige Kernaussagen über das Wesen der Kirche durchscheinen lässt:
Die zeitlich-endzeitliche Gemeinschaft Jesu ist
- eine Gemeinschaft der Heiligen, kein „Reich“ im Sinne eines Staatswesens oder einer Hierarchie,
- eine be-geisterte, nationenübergreifende und -verbindende Gemeinschaft, die in vielen Zungen/Sprachen zu reden und Menschen in Liebe zu einen vermag,
- eine Gemeinschaft, verbunden durch das Gebet und das Wort und den Geist Gottes, nicht durch Weltanschauungen oder Meinungen
- eine Gemeinschaft, in der Güter geteilt werden und aus der Leute ausgeschlossen werden, die Güter für sich selbst horten.
- eine Gemeinschaft, in der die Verlorenen wiedergefunden und zum Vater geführt werden.
Das will ich an Pfingsten gerne feiern, auch wenn mich einiges daran ziemlich herausfordert.