Peter Rosien schreibt in seinem Artikel “Frischer Wind in die Kirchen” in der Zeitschrift “Publik-Forum”(22.10.2004) folgendes:
“Kirche sollte vor allem der Ort sein, an dem wir uns über unseren Glauben austauschen und mit den offenen Fragen, die sich ergeben, gemeinsam vor Gott treten.”
Das allgemeine Verständnis von Kirche bezieht sich hauptsächlich auf die Gemeinschaft der Christen mit und unter Gott. Allerdings kann man auch noch von zwei anderen Aufgaben von Kirche sprechen.
Die Theologin Dorothee Sölle fasst diese drei Aufgaben der Kirche in drei Begriffen zusammen: kerygma, diakonía und koinonia.
Der Begriff kerygma meint die Aufgabe jedes einzelnen Christen, das Evangelium zu verkünden und zu befolgen. Diakonía meint den Dienst an anderen Dienern Gottes: also das Gebot der Nächstenliebe, die Pflege von Kranken und Schwachen, sowie der Hilfe für Menschen in Not. Der letzte Begriff, koinonia, meint das gemeinsame Feiern des Gottesdienstes, die Liturgie und die Freude an der Gemeinschaft.
Aber was ist mit der Kirche in der Zukunft? Was wenn immer weniger Menschen in die Kirche wollen? Wieso kommen sie nicht mehr? Ist ihnen die Kirche zu altmodisch mit ihren Sitten und Riten? Können Glaube und Kirche überhaupt modern sein? Und wie schafft man es, die Kirche zu modernisieren?
Am besten man gibt gleich auf… Oder doch nicht?
Neben der anhaltenden Welle von Kirchenaustritten fällt es zudem immer schwerer Jugendliche zu animieren, sich für und in der Kirche zu engagieren. Also braucht die Kirche eine dringende Modernisierung, sozusagen ein Update, um nachfolgende Generationen einzubeziehen und zu binden.
Da genügt es allerdings nicht, den Gottesdienst moderner zu gestalten und beispielsweise die teilweise alten, verstaubt wirkenden Kirchenlieder aus dem Gottesdienst verbannen und durch modernere und fesselndere, dem Zeitgeist entsprechende Lieder zu ersetzen. Auch die Etablierung verschiedener Gottesdienstformen je nach Zielgruppe kann nur ein Baustein unter vielen sein.
Vor allem ist es notwendig, eine stabile und nachhaltige Jugend- und Erwachsenenarbeit aufzubauen, mit einem umfangreichen Angebot, um alle Interessen zu erreichen und auch eventuell unsichere, in ihrem Glauben noch nicht gefestigte, zweifelnde Menschen und Jugendliche zu begeistern.
Eine weitaus wichtige aber auch weitaus schwierigere Maßnahme wäre allerdings, die Kirche als transparente, faire und engagierte Institution zu gestalten. Denn wenn die Kirche weiterhin so verschlossen und geheimnisvoll bleibt, kann man so viele Maßnahmen wie möglich ergreifen und es würde sich nichts an der aktuellen Krise ändern. Ebenso kann eine Wertevermittlung, im Rahmen derer Offenheit, Toleranz, Empathie und konstruktive Kritik in aller Öffentlichkeit mutig und konsequent vertreten werden, wie ein Fuß in der Tür wirken. Dazu ist jeder bekennende Christ, nicht nur die Vertreter der Institution Kirche, aufgerufen, damit das in Schieflage geratene Bild der Kirche (und damit des christlichen Glaubens!) kleinschrittig und langfristig wieder gerade gerückt werden kann.
Sicherlich sind diese Vorschläge nicht ausreichend, um kurzfristig mehr Menschen zur Kirche zu bringen. Aber es wäre ein Anfang, um die ersten Schritte zur Zukunftskirche zu machen. Natürlich liegt es nicht nur an unserer Generation, die Menschen wieder in die Kirche zu bringen. Es liegt an jedem einzelnen Christen, egal welchen Alters, unsere Kirche zu modernisieren und gegebenenfalls auch einiges zu ändern, um die zukünftige Existenz unserer christlichen Gemeinschaft zu sichern.
Gemeinde und damit der Glaube wirken durch ein Geben und Nehmen, was von beiden Seiten, von der Kirche als Institution sowie von jedem einzelnen Christen, beherzigt werden muss.
Gottes Segen
Ihre Lydia Lauer
Vor Jahren besuchte ich mal eine christliche Kommunität in Marseille. Dort wurden auch Fragen und Probleme gewälzt.
Der Leiter der Kommunität stöhnte:
“Que faire?!
Faire suicide?
…
…
…
ou demander ma femme …”
Ich denke, totale Transparenz kann es in der Kirche nicht geben. Das liegt daran, dass wir Christen ein Geheimnis “verwalten” – die Auferstehung – und Unergründliches – Gott – verehren.
Andererseits besteht gerade die protestantische Tugend darin, auf institutioneller Ebene möglichst transparent und demokratisch zu sein. – Wobei dieses “möglichst” dieser Tage auf landeskirchlicher Ebene (bei den “big playern”) ziemlich viel zu wünschen übrig lässt.
Wir hier in Hornbach sitzen, was das von dir angesprochene Thema betrifft, laut der Aussage eines Berliner Dauergastes noch auf der Insel der Seligen, oder, wenn du so willst, im Rivendell der Pfalz. Aber nichtsdestoweniger wollen wir entschieden sowohl auf Gemeinde- als auch auf Regional-Ebene daran arbeiten, und darum hier erst mal eine herzliche Einladung zur Klausurtagung am 29.12. im Jugendheim, die zwar hinter verschlossenen Türen tagt, aber teilnehmermäßig für alle offen ist.
LG und danke für deinen Denkanstoß!
Christian
Lieber Christian,
das mit der Transparenz war institutional gemeint; viele Menschen haben doch so eine Art ererbtes “Illuminati-Feindbild” im Kopf, wenn sie an Kirche denken. Man sollte zuerst erreichen, dass dies aus den Köpfen verschwindet durch Basis-Öffentlichkeitsarbeit.
LG
Lydia